Im Lädeli, im Restaurant, vom Bauernbetrieb
Lokal im Dorf einkaufen: Faire Märkte Schweiz bringt die Direktvermarktung ans Volk
Der Verein Faire Märkte Schweiz führte dieses Jahr den ersten ‘Nationalen Direktvermarktungstag lokal+fair’ durch. In Regionen in der ganzen Schweiz beteiligten sich Bäuerinnen und Bauern, Restaurants und Gewerbebetriebe und präsentierten ihre Produkte der Bevölkerung.
Die Sensibilität der Bevölkerung, jene Lebensmittel einzukaufen, bei denen sie wissen, woher sie stammen und damit auch, was darin ist, ist stark gestiegen. Ebenso nimmt das Bewusstsein zu, wie umweltschädlich lange Transportwege für Produkte sind. Dazu kommt: eine erhöhte Preissensibilität, das heisst, die Menschen wollen nicht beim Grosshändler teure Bioprodukte kaufen, bei denen der Grossteil des Kaufpreis nicht direkt beim Produzenten ankommt.
Um der Bevölkerung aber auch nahezubringen, wo überhaupt sie bei sich im Quartier oder im Dorf lokal und fair produziert einkaufen können, führte der neugegründete Verein Faire Märkte Schweiz am Samstag den ersten nationalen Direktvermarktungstag lokal+fair durch. Bei Einblicken in Höfe und Restaurants, bei Degustationen oder auf einem Markt konnten Besuchende die lokalen Bäuerinnen und Bauern kennenlernen, lokale Weine und vegane oder fleischbasierte Würste degustieren oder bei der Weinlese mithelfen und eigenes Brot backen.
«Wir wollen im Rahmen des Projekts lokal+fair am Nationalen Direktvermarktungstag ganz konkret aufzeigen, wo und wie wirklich lokale Produzierende unterstützt werden können, bei Markt, Degustationen und Hofeinblicken Begegnung schaffen und der Thematik nationalpolitische Bedeutung verleihen», sagt FMS-Präsident Stefan Flückiger.
Prominenz aus Wirtschaft und Politik
Eröffnet wurde der Tag in Stäfa am Zürichsee, mit lokalen Betrieben Bauernbetrieben und Reden von Wirtschafts- und Politvertretenden. Nationalrat und Präsident des Zürcher Bauernverbands Martin Haab, Gewerbeverbandsvizepräsident Marc Schlumberger, Gemeinderatsmitglied Andrea Kuhn-Senn vom Gemeinderat, lokal+fair-Pionier Martin Jucker und Marcus Bosshard, Präsident des lokalen Stäfner Vereins lokal+fair eröffneten gemeinsam mit FMS-Präsident Stefan Flückiger den Tag und sprachen sich für den Einkauf direkt vor Ort – statt über den Umweg der grossen Detailhändler – aus.
Aus Sicht der Bauern hielt Martin Haab, Nationalrat und Präsident Zürcher Bauernverband, fest: «Die Bäuerinnen und Bauern stehen am Anfang der Wertschöpfungskette für gesunde und frische Lebensmittel. Es ist das Ziel, möglichst viel über den Direktverkauf oder kurze Vertriebswege zu den Konsumentinnen und Konsumentinnen zu bringen, damit eine faire Entschädigung sichergestellt wird und möglichst viel vom Konsumentenfranken in den Regionen bleibt. Damit leistet die Landwirtschaft einen zentralen Beitrag zu einem nachhaltigen Einkaufsverhalten.»
Dass das Gewerbe eine wichtige Rolle spielt, erläuterte Marc Schlumberger, Vize-Präsident Gewerbeverband Bezirk Meilen: «In einer lokalen Lebensmittelversorgung nimmt das Gewerbe eine zentrale Rolle ein. Dazu gehören Produktions- und Verarbeitungsbetriebe sowie der lokale Detailhandel. Um die Bevölkerung mit frischen und saisonalen Lebensmitteln zu versorgen, braucht es gesunde lokale Gewerbestrukturen. Die Nähe zu den Konsumentinnen und Konsumenten macht das Einkaufen zum Erlebnis».
lokal+fair-Pionier Martin Jucker von der Jucker Farm AG in Seegräben hielt dazu fest: «Lokal und fair bezieht sich auf den regionalen und lokalen Wirtschaftskreislauf. Es ist enorm wichtig, diesen zu stärken. Demnach sind die Bauern per Definition Gewerbetreibende und in diesen Kreislauf integriert. Um die Position der lokalen Lebensmittelversorgung zu stärken, ist es zwingend erforderlich, dass die Bauern in der vor- und nachgelagerten Stufe mehr wirtschaftliche Freiheiten bekommen und sie eine faire Entschädigung erhalten bzw. sich in der Direktvermarktung einen fairen Preis geben. Damit wird der Austausch mit dem lokalen Gewerbe deutlich intensiver und alle profitieren davon. Jeder Bauer gehört in den Gewerbeverein und die nationale Politik muss aufhören Keile in diesen Kreislauf zu treiben».
Zentral für echte Verankerung von lokalen und fairem Einkauf ist jede einzelne Gemeinde in der Schweiz. Andrea Kuhn-Senn, Gemeinderätin und Präsidentin der Kommission für Nachhaltige Entwicklung in Stäfa, erläutert das Engagement der Gemeinde: «Ich freue mich, wenn viele Stäfnerinnen und Stäfner täglich etwas Feines und Gesundes aus lokaler Produktion und Landwirtschaft geniessen können. Der Verein lokal+fair übernimmt eine wichtige Rolle, um das Bewusstsein und das entsprechende Kaufverhalten zu fördern. Das ist ein kleiner aber sehr wichtiger Beitrag im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie 2030 der Gemeinde Stäfa. Wir danken allen Beteiligten für ihr grosses Engagement.»
Und Marcus Bosshard, Präsident Verein lokal+fair Stäfa, ergänzt: «Wenn ich als Stäfner die Produkte einkaufe, die hier in Stäfa gewachsen sind und die hier verkauft werden, dann bin ich mir bewusst, dass ich unser Dorf stärke. Ich sehe die Felder und Bäume und die Landwirte, die mich mit Essen versorgen. Das gibt mir Sicherheit. Dieses Bewusstsein möchte der Verein lokal + fair bei allen Einwohnerinnen und Einwohnern verstärken.»
lokal bedeutet vor Ort – nicht beim Grosshändler
Mit lokal+fair will der Verein das Bewusstsein für lokalen und fairen Einkauf stärken – und ein Zeichen setzen gegen das ‘local washing’ der Grossverteiler, die sich trotz unfairer Handelspraktiken als Förderer lokaler Produkte und Bäuerinnen und Bauern darstellen versuchen. So inszenierte sich etwa Migros kürzlich in ihrer Werbekampagne als ‘grössten Hofladen der Schweiz’ und auch Coop versucht mit dem Label ‘Miini Region’ bei Konsumierenden zu punkten. Die Bauern profitieren davon oftmals wenig, mitunter wissen sie nicht einmal, dass ihre Ware als regionales Produkt verkauft wird. So erfuhr ein Thurgauer Bio-Bauer erst vom K-Tipp, dass Coop seine Eier in Zürich als «Züri-Eier» verkauft – notabene Eier aus dem Thurgau. Dem will der Verein entgegenwirken. «Mit dem Direktvermarktungstag weist der FMS nun nicht nur auf unfaire Handelspraktiken der Grossverteiler hin, sondern schafft konkret auch die Bedingungen, damit die lokale Produktion gestärkt und die Bevölkerung zu regionalem Konsum motiviert wird», sagt FMS-Präsident Stefan Flückiger.